Nun mein eigener Beitrag zu der von mir aufgerufenen Weinrallye. Natürlich Mosel und Riesling, geht ja auch nicht anders. Wie immer bei meinen Weinrallyebeiträgen, kurz und schmerzlos, auf allzu viele Worte bei der Weinbeschreibung verzichtend.
Als Vorlage dient Kurt Tucholskys Reisebericht von einer Fahrt mit der Moseltalbahn 1929, Auszug aus „Panter, Tiger und Co“
Verkostet wurde natürlich mit dem Steffens-Keß Verkosterteam nebst meinem Mexikoschwager.
Zu dieser Zeit gab es noch das berühmte Saufbähnchen. Eine einspurige Eisenbahn der Moselbahn AG, die den Mäandern der Mosel folgend, von Bullay nach Trier führte. Die Reichsbahnstrecke folgte der Mosel von Koblenz bis Bullay um dann bei Pünderich das Moseltal verlassend durch die Eifel bis Trier zu fahren.
Saufbähnchen daher, weil die Züge einen Salonwagen dabei hatten, in dem man Wein trinken konnte.
„An der Mosel ging es noch an. Wir soffen uns langsam den Fluß hinab, wir fuhren mit dem Saufbähnchen von Trier nach Bulley hinunter, und auf jeder dritten Station stiegen wir aus und sahen nach, wie es mit dem Weine wäre. Es war.“
Jede dritte Station? Konnten die Herren durch den Wein nicht mehr zählen? Ich komme zu einem anderen Ergebnis wenn ich mir das alte Kursbuch anschaue.
Aber auch egal, das Bähnchen gibt es nicht mehr und so beschränke ich mich bei den Weinen auf die nähere Umgebung von Reil.
„Wenn wir das festgestellt hatten, stiegen wir wieder ein: der Zug führte einen Waggon mit, der sah innen aus wie ein Salonwagen, von hier aus hätte man ganz bequem Krieg führen können, so mit einem Telefon auf dem Tisch, mit dicken Zigarren und: »Seiner Majestät ist soeben der Sturmangriff gemeldet worden.« Wir führten aber keinen Krieg, sondern drückten auf die Kellnerin, und dann erschien ein Klingelknopf, oder umgekehrt, und dann konnte man auf dem langen Tisch einen naturreinen Mosel trinken und dabei Würfel spielen.“
Ja dieser Salonwagen. Ich wäre gerne mal mitgefahren. Aber leider wurde der Schienenverkehr in den Sechzigern eingestellt. Apropos Sturmangriff: Passend vom Kirchenweingut Wolf der U-Boot Wein.
Die Kinder von Ulrike und Markus haben das Etikett gestaltet. Mit nur 10,5 % Alkohol ist dieser Riesling Kabinett ein sehr leichter Wein und man kann mehr davon genießen. Sehr fruchtbetont, erfrischend und animierend. Macht Lust auf mehr. Aber bitte nicht die Kellnerin drücken…
„Wir nahmen dies zur Kenntnis und stiegen in den Mosel – erst in den offenen, dann in einen jungen, frischen, dann in einen alten, goldgelben, der sehr schwer war.“
1989er Bernkasteler Riesling Auslese. Der Inhalt ein sehr reifer, süßer und Goldgelber Riesling, der trotz seine 20 Jahre noch sehr agil wirkt. Dazu natürlich das klassische geschliffene Treverisglas, das bei solch älteren Wein immer noch seine Berechtigung hat.
„Es ging schnell mit uns; Mosel ist kein so bedächtiger Wein wie der Rheinwein oder der Steinwein … es ging sehr schnell. Wir hatten auch schon am frühen Nachmittag gemoselt – wir tranken vom Mittagessen unmittelbar in den Dämmerschoppen hinüber, vielleicht war es das. Karlchen und Jakopp tranken, was sie konnten – und sie konnten!“
Gemoselt!!! Welch ein Ausdruck!
Dann lasset uns moseln. Einmal durch die Zeller Moselschleife, die bei Reil beginnt und in Bullay aufhört.
Von Felicitas und Thomas Müller, die als Team-Mitglieder des Steffens-Keß Verkosterteams die Weine mitprobierten, machte ein halbtrockener 2008er Riesling Kabinett den Anfang der Trinkreise durch unsere Moselschleife.
Aus der Pündericher Marienburg, durch die das ehemals längste Eisenbahnhangviadukt Deutschlands führt, ein leckerer Riesling Kabinett vom Ökoweingut Jutta und Frank Brohl. Ein Lob an EUCH! Sehr gut!
Vis-á-vis gegenüber dem ehemaligen Standort der Güterverladung des Moselbähnchens in Briedel das Weingut Thomas Fritzen dessen trockene 2008er Spätlese kurze Zeit später im Weinglas war.
Direkt im alten ehemaligen Bahnhofsgebäude von Zell zu genießen: „Der Bahnhofsschoppen“ Peter Lehmen, im Hauptberuf Winzer, leitet die Bahnhofswirtschaft und ist bekannt für sein Riesenrumpsteak, dass selbst hungrigste Männermägen vollständig füllt. Der Wein war die Überraschung des Tages. Extraklasse! In einer Literpulle hätte ich nie eine so gute Qualität erwartet.
Eine Station weiter, in Zell-Merl, steht der nächste noch erhaltene Bahnhof des Saufbähnchens. Aus dem dortigen Merler Stephansberg ein Ökoriesling von Alfred Cuy, der neben dem Weinbau noch wunderschöne Ferienwohnungen in seinem uralten Fachwerkhaus vermietet.
„Bernkastel, Traben-Trarbach, Bulley … dann aber setzten wir uns in einen seriösen Zug und fuhren nach Kolbenz. (Diese Aussprache wurde adoptiert, falls Jakopp ein künstliches Gebiß hätte: es spricht sich leichter aus.) In Kolbenz tranken wir der Geographie halber einen Rheinwein, und der konnte Papa und Mama sagen, wir aber nicht mehr. Am nächsten Morgen – es war ein Sonntag hell und klar – gingen wir spazieren.“
Ein seriöser Zug? Ich frage mich wie die Herren, nachdem sie den ganzen Tag gemoselt hatten, am Endbahnhof der Moseltalbahn, die wenigen Meter bis zum „regulären“ Bahnhof geschafft haben.
Vielleicht gab es schon damals das Weingut Pargen in der Bahnhofsstraße in Bullay und die Reisegruppe um Kurt Tucholsky kehrte dort ein und trank noch einen Rieslingschoppen. Wir hatten einen 2008er Bullayer Brautrock Riesling Hochgewächs trocken in Glas, der den Abschluss der virtuellen Weinreise die Mosel hinunter bildete.
Danke noch an die Freunde vom Steffens-Keß Verkosterteam, die wie immer mit Weinflaschen zum Thema beitrugen und manche Diskussion um die verkosteten Weine mit mir führten. Den Gesamten Text von Tucholskys Moselreise gibt es hier, weitere Bilder, Information und links zur Moseltalbahn sind hier zu finden.
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