Der Morgentrunk, später reduziert auf den Frühschoppen: Ernährungsgewohnheiten, die uns heute befremdlich vorkommen. Im edlen Metropolitan Hotel in New York 1859 als Frühstückswein im Angebot. (Auf das Bild klicken, um die ganze Frühstückskarte zu sehen). Aber auch der einfache Mensch startete durchaus mit Wein in den Tag:
„Zum ersten Frühstück wurde Malzkaffee oder Milch getrunken, bei den Männern häufig Wein… Zum zweiten Frühstück und zu allen übrigen Mahlzeiten, auch zur Jause trank man ebenfalls Wein. Es stand aber auch immer ein Krug mit frischem Brunnenwasser auf dem Tisch….Wenn man durchgefroren oder erkältet war, trank man einen Glühwein oder „russischen“ Tee mit Rum.“ Wendelin Hambuch – Ida Husznai-Hambuch – Franziska Keidl – Alois Strigens, Ungarndeutsche Studien 5.
In Deutschland war der Frühstückswein weniger bekannt. Als Biertrinkerland mit wenig entwickelter Weinkultur waren/sind die Frühstücksgetränke anderer Natur. Dafür gibt es aber heute noch das Hüttenfrühstück. Leider mit Bier… 😉 (gesehen im Café der Völklinger Hütte).
Ich berichtete schon einmal über die geänderten Trinkmuster im Wandel der Zeit. Hier zum Nachlesen.
Zu Lebzeiten bin ich schon im Museum gelandet. So quasi als Ausstellungsstück. 😉
Im Freilichtmuseum Bad Sobernheim durfte ich in der medialen Ausstellung „Lebensmitte Wein“ als Interviewpartner fungieren. Zum Thema Anbau, Vertrieb, Genuss und Faszination am Wein wurde ich mit anderen Menschen, die sich beruflich oder in Ihrer Freizeit mit Wein beschäftigen, befragt.
Im Erdgeschoss von Haus Bruttig bilden diese gefilmten Interviews den Kern des neuen Bereichs. Die Ausstellung lädt die Besucher*innen ein, die vielen Facetten des Themas Wein kennenzulernen.
Da der Weinbau ein wichtiger Wirtschaftszweig in Rheinland-Pfalz ist, liegt hier ein thematischer Schwerpunkt des Freilichtmuseums, für den der museumseigene Weinberg, das WeinKulturGut und weitere Gebäude stehen. Zu diesen Häusern zählt auch das Kelterhaus Bruttig in der Baugruppe Mosel-Eifel, welches im 14. Jahrhundert – vermutlich als Wohnhaus – erbaut wurde.
Ein Besuch des Freilichtmuseums in Bad Sobernheim lohnt sich. In über 40 Häusern wird die Geschichte und das Alltagsleben der Bevölkerung von Rheinland-Pfalz lebendig. Begeben Sie sich auf eine Entdeckungsreise durch rund fünfhundert Jahre Geschichte.
Wir haben in den letzten Tagen unsere 2021er Rieslingweine abgefüllt.
Das ganze stellt man sich einfach vor. Ist es aber nicht. Neben der Hygiene beim Abfüllen, der ganzen Organisation und Materialbeschaffung ist die Weinabfüllung ein komplexer Vorgang. Es ist nicht nur den Wein in die Abfüllmaschine zu pumpen und dann zu füllen. „Lebensmittelsicherheit“ und vor allem die Qualitätssicherung sind wichtige Parameter, die beachtet werden müssen.
Ich habe kurzerhand mit dem Handy ein kleines Video gedreht, wie der Wein vom Abfülltank den Weg in die Abfüllmaschine findet. Den Abfüllvorgang in der Füllmaschine zeigt dieses Video.
In den letzten Tagen wurde der junge Wein filtriert. Auf meinen Blogeintrag im letzten Jahr wurde ich von einem Leser darauf angesprochen: Wie geht das überhaupt mit der Kieselgurfiltration? Wie funktioniert das? Im Internet gibt es keine so richtige/ausführliche/einfache Erklärung dieser Filtrationsmethode.
Also hier der Erklärungsversuch:
Wesentliches Bestandteil des Kieselgurfilters sind die Filtrationsscheiben (-siebe) mit einem feinmaschigen Edelstahlsieb auf der Oberseite. Diese Scheiben werden abwechselnd mit einer Distanzstück (schwarz im Bild) von unserer Azubine auf einer Hohlwelle gestapelt.
Auf die gestapelten Filtrationsscheiben kommt die Filterglocke (7). Der trübe Wein wird durch die Pumpe (14) in die Filtrationsglocke gepumpt, fließt durch das Sieb in die Hohlwelle, um von dort als blanker Wein nach außen zu fließen.
Damit ein Filtrationseffekt stattfinden kann, werden als Filtrationshilfsmittel Kieselgur (Kieselalgenschalen), Perlite (vulkanisches Gestein) und Cellulose verwendet. Diese sind für den Lebensmittelbereich entsprechend aufbereitet und es gibt sie in verschiedenen Feinheitsgraden, um die Klärschärfe bei der Weinfiltration bestimmen zu können. Diese Stoffe werden auch untereinander nach Bedarf für die Klärung gemischt.
Zu Beginn der Filtration wird der Wein innerhalb des Filters rund gepumpt. Durch eine spezielle Dosierpumpe (12) werden die Filtrationshilfsmittel (im Behälter der Dosierpumpe liegt eine Mischung von Wein und Filtrationshilfmittel vor) in den Flüssigkeitsstrom eingemischt. Der so mit Kieselgur beladene Wein wird über die feinen Siebplatten geführt, wo sich die Kieselgur anlagert und zu einer Schicht wird. Darin bleiben alle Trubstoffe hängen.
Sobald der Wein klar durch den Filter läuft, wird nicht mehr im Kreislauf innerhalb des Filters filtriert. Der Wein fließt nun filtriert in ein neues Fass. Da die Filtrationsschicht auf den Siebplatten nach kürzester Zeit durch die Trubstoffe verstopfen würde, werden während der Filtration durch die Dosierpumpe laufend frische Filtrationshilfsmittel dazu dosiert und das Sieb erneuert sich laufend.
Die Nummern 2, 5, 9 und 11 obiger Zeichnung sind Mess- und Regeleinrichtungen, Nr. 7,12 und 14 Filterbestandteile, der Rest Regel- und Absperrventile, die im richtigen Moment in der richtigen Weise betätigt werden müssen. Sieht in der Detailzeichnung der Betriebsanleitung kompliziert aus. Ist es auch, zumindest wenn man es der Azubine beibringen muss…
Hier noch einmal eine Detailansicht mit neun Regelventilen.
Nach Beendigung der Filtration sieht man auf den Siebplatten die abgelagerten Filtrationshilfmittel mit den Trubstoffen (Hefen u.a.). Sie werden im Weinberg landbaulich verwertet.
Wie immer wurden zum Jahreswechsel Proben der neuen Rieslingweine und heute zum Weinlabor gebracht. Neben der chemischen Analyse wird unser Wein auch der viel wichtigeren sensorischen Analyse unterzogen. Bei dieser ersten Verkostung, die von neutralen, betriebsfremden Verkostern im Labor durchgeführt wird, geht es vor allen Dingen um die grobe Beurteilung der Qualität.
Neben den wichtigen Inhaltsstoffen Alkohol, Restzucker, Säure und – ganz wichtig – dem pH-Wert, werden weitere chemische Parameter erfasst. Eigentlich braucht man die meisten Analysedaten nicht. Sie sind größtenteils relevant für gesetzliche Vorgaben. Den Geschmack des Weines kann man aus der Analyse bestenfalls orakeln, aber nicht ersehen.
Nur im Kontext mit der sensorischen Probe haben diese Analysedaten eine Aussagekraft. Ich freue mich schon darauf, diesen Kontext nach Erhalt der chemischen Analysen mit der sensorischen Probe zu erforschen.
Die ersten hefetrüben Jungweine wurden grob von der Hefe getrennt. Der Bodensatz im Fass, allgemein als Hefe bezeichnet, besteht nicht nur aus reiner Weinhefe. Restliche Fruchtfleischteilchen und Trubstoffe, die bei der Mostklärung nicht erfasst wurden, sind neben Weinstein ebenfalls in diesem Sediment zu finden und könnten evtl. zu mikrobiologischen und/oder geschmacklichen Problemen führen.
Nach dem Grobabstich verbleibt noch genügend Hefe im Wein. Die jungen Weine können noch von den positiven Geschmacksstoffen der Hefen profitieren.
Apropos Weinstein! In der Regel setzt sich dieser an den Behälterwandungen als gröbere Kristalle ab.
Natürlich wurde auch probiert. Wir können sehr zufrieden sein. Die kühleren Nächte während der Reifephase haben zu einer sehr guten Aromaausprägung geführt. Die noch hefetrüben Rieslinge machen schon viel Spaß. Würzige, frische Fruchtaromatik und die typische Leichtigkeit des Moselweines.
Man fühlt man sich richtig gebauchpinselt, wenn im Sommer und Spätjahr die Urkunden der Verkostungswettbewerbe eintreffen. Punkte und Sternchen werden vergeben, mal mehr, mal weniger. Jeder Veranstalter eines Weinwettbewerbes meint, dass seine Beurteilung das Non plus Ultra ist und er die Meinungsführerschaft besitzt. Da bin ich anderer Meinung, wie Sie hier im Blog, „Die Bildergeschichten aus dem Weingut Steffens-Keß“ schon des Öfteren lesen konnten. Meinungsführerschaft hat der Verbraucher. Er muss den Wein ja trinken! 🙂
Gerhard Eichelmann vom gleichnamigen Weinführer fand dieses Jahr sehr schöne Worte für unseren Basisriesling in der Literflasche: „Wunderbar klar und saftig kommt der trockene Literwein daher – sicher einer der besten trockenen Weine dieser Art an der Mosel.“ Das hat uns natürlich sehr gut gefallen. Eine Aussage, die mehr wert ist als viele Pünktchen. Eine Aussage, die unsere Arbeit im Weinberg und Keller, insbesondere bei unserem „kleinsten Wein“ würdigt!
Im Weinkeller ist noch zartes blubbern zu hören. Die Rieslingweine sind fast vergoren.
Im Herbst schmeckten die Trauben, die ersten gärenden Moste und die analytischen Daten stimmten. Jetzt die nahtlose Fortsetzung! Wir freuen uns über die Qualität der Jungweine beim Probieren, die sich im Herbst und während der Hauptgärung der Weine ankündigte.
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