Endlosschleife

Die Rebblüte befindet sich dieses Jahr in einer Endlosschleife. Die kühle Witterung hat die Rebblüte in den letzten Wochen stark verzögert. Einige, wenige Nachzügler findet man noch. Der Riesling ist nun verblüht und die jungen Reben wachsen bei den nun hochsommerlichen Temperaturen enorm schnell.
Anders sieht es bei den Frostgeschädigten Weinbergen aus.  Die Hauptknospe war erfroren und die Nebenaugen haben mit Verzögerung mit dem Wachstum begonnen. Wenige und kleine Blütenansätze sind dort zu finden. Von Blüte noch keine Spur. Das wird noch einige Tage dauern. Das wird bei der Weinernte ein „Heidenspaß“ bei der Selektion. Reife Trauben von nicht frostgeschädigten Rebtrieben neben unreifen Trauben aus den später ausgetriebenen zu erkennen und getrennt nach Reifegrad zu sehr unterschiedlichen, weit auseinanderliegenden Terminen zu ernten.Bei den durch Frost teilweise geschädigten Rebtrieben sahen die Blütenstände normal aus. Jedoch waren diese so weit kältegeschädigt, dass bei der Blüte fast keine Beeren bestäubt wurden. Die unbefruchteten Beeren rieseln nur so auf den Boden. Daher spricht der Winzer auch vom Verrieseln, also die ungenügende Bestäubung der Rebblüten.

Alle Jahre wieder

Alle Jahre wieder, so sicher wie das Amen in der Kirche: Der Riesling ist am Blühen. Auf dem Bild sieht man die Details. Sobald das Blütenkäppchen abgeworfen ist, erscheint der Fruchtknoten mit Narbe und die Staubgefäße. Und dann ist es auch schon passiert und die Bestäubung ist erfolgt. Wir sind dem langjährigen Mittel um etliche Tage voraus. Bis zum Ende der Blüte wird es noch einige Tage dauern. Die kühlen Temperaturen verzögern die Blüte.

Entspannt laufen die Arbeiten im Weinberg. Wir kommen beim Einschlaufen der Rieslingreben in den Drahtrahmen gut mit der Arbeit voran. Ein positiver Nebeneffekt des verlangsamten Wachstums und der kühlen Temperaturen, die unsere Arbeitsgeschwindigkeit auf einem hohen Level hält. Kein Vergleich zu den Vorjahren mit schnellem Rebwachstum, als bei hohen Temperaturen und schwüler Witterung noch Helfer benötigt wurden. Auch die Kühlbekleidung – „Kampfanzug“ –  des Winzers hängt in diesem Jahr noch unbenutzt im Schrank.

Inzwischen sind nach den ergiebigen Regenfällen der letzten Wochen die Böden gut abgetrocknet und unsere Steillagen können wieder gut mit dem Raupenschlepper befahren werden. Auch Pilzkrankheiten, die wir aufgrund der feuchten Witterung befürchtet hatten, sind ausgeblieben.

Regenzeit

Es ist anstrengend, das mit dem Klimawandel. Höhere Durchschnittstemperaturen, das Frostereigniss nach dem Austrieb der Reben und die sehr hohen Niederschlagsmengen machen uns dieses Jahr zu schaffen. An unserer Wetterstation sind in diesem Jahr bisher 56,3 % mehr Regen gefallen als im langjährigen Mittel. Wir hatten auch schon ein Sommerhochwasser im Weinkeller. Vom Hagelunwetter Anfang Mai ganz zu schweigen.

Mit jeder Wolke am Himmel – so schön sie auch ist  – bangen wir, dass es wieder nass wird.

Bei jedem Regen steigt die Gefahr von Pilzkrankheiten. In Winzerkreisen kursieren erste Meldungen über Pilzbefall der Reben. Es könnte ungemütlich werden.

Wassergesättigte Böden machen uns im Weinberg große Probleme. Die Begrünung ist extrem hoch gewachsen und der Kettenschlepper kaum noch zu sehen. Die Befahrbarkeit ist grenzwertig. Rutschen und Schlittern geht bergab immer, aber hoch…

Ich bin schon mehrmals abgerutscht und das Mähgerät hat sich verbogen. Bislang ist bis auf einen Notabstieg von der Raupe alles gut gegangen. Der Mulcher wurde wieder gerade gebogen, die Macke am Bein mit einem Pflaster versorgt.

Einige Weinberge müssen noch gemäht werden. Ich hoffe, dass der Boden nächste Woche so weit abgetrocknet ist, dass ich die letzten Mäharbeiten gefahrlos durchführen kann. Es eilt, denn wir müssen mit den Laubarbeiten beginnen.

Mein Nervenkostüm…

Mein Nervenkostüm wurde gestern arg strapaziert. Um halb vier zog sich der Himmel zu. Dicke Regenwolken waren am Himmel zu sehen. Noch weit weg und dann noch einmal mit dem Mähgerät den Berg runter- und hochgefahren.
Oben wieder angekommen, musste ich mich beeilen, die Raupe auf den Tieflader zu fahren, um nicht nass zu werden.
Als ich in Richtung Weingut fuhr, war Reil auf der anderen Moselseite nur noch schemenhaft zu erkennen. Auf der Moselbrücke brach dann die Hölle aus. Man sah die Hand vor Augen nicht mehr und es setzte massiver Hagel ein. Der massive Regen fiel horizontal. Die hintere Hofeinfahrt war fast komplett mit Hagelkörnern bedeckt.

Ich dachte, das war’s für dieses Jahr. Erst Frost, jetzt Hagel.

Das Video zum Hagelschlag – war kurz vor Ende des Hagelunwetters – gibt es hier.
Im Weingut sah es übel aus. Ein Zimmer war überschwemmt, da das Fenster offen war. Die Fassadenbegrünung sah aus wie gerupft und einiges lag auf dem Boden. Meine Nerven lagen am Boden. Frustration machte sich breit, von den Sorgen ganz zu schweigen. Als der Regen aufhörte, habe ich natürlich eine Kontrollrunde durch die Weinberge gedreht. Ich staunte nicht schlecht. Von Hagelschäden war nichts zu sehen. Der Hagelschlag hatte nur die Ortsseite betroffen. Auf der gegenüberliegenden Moselseite, keine 200 m vom Weingut entfernt, wo alle unsere Weinberge liegen, gab es keinerlei Schäden.

Meine Stimmung hellte sich auf. Glück gehabt!😊Weniger gut sieht es oberhalb des Dorfes aus. Dort sind Schäden zu sehen. Auch andere Orte an der Mosel waren gestern durch Hagel betroffen. Ein herber Verlust für die Winzer nach den Nachtfrösten.

Kalt, zu kalt…

Kalt, zu kalt war es in den beiden letzten Nächten. Heute sah die Welt beschissen aus. Die Polarluft hat massive Schäden in den Weinbergen hinterlassen. Viele junge Rebtriebe sind gänzlich oder teilweise erfroren. Es sieht übel aus.

Nach vorsichtigen Schätzungen meinerseits – ich bin nicht wirklich gut im Schätzen, einer meiner Mankos – gehe ich davon aus, dass durch den Spätfrost ca. ein Drittel der Rebfläche komplett geschädigt wurde, etliche Weinberge so Daumen mal Pi 30 bis 60 % Schaden haben, aber gibt auch einige, die verschont geblieben sind.

Der oben genannte Schaden ist aber auch relativ zu betrachten. Die Rebe ist durchaus in der Lage, diese Ertragsverluste teilweise auszugleichen. Zu einem können an den verbliebenen Rebtrieben die Trauben größer werden, zum anderen gibt es neben den jetzt verlorenen Rebknospen noch die sogenannten Nebenaugen, die beim Riesling in der Regel nur austreiben, wenn das Hauptauge ausfällt. Dort ist der Blütenansatz und später der Traubenbehang geringer als beim Hauptauge.

Bleibt zu hoffen, dass die Blüte gut verläuft und nicht andere Widrigkeiten der Natur zu weiteren Ertragseinbußen führen. In einigen Monaten werde ich mehr wissen. Aber schon jetzt weiß ich, dass es eine kleine Ernte geben wird.

Die massiven Spätfrostschäden sind nicht auf die Mosel beschränkt. Schadensmeldungen liegen bereits aus Polen, Tschechien, der Slowakei, Österreich (Wachau, Kamptal, Steiermark), Südtirol, Frankreich, der Schweiz und vielen deutschen Anbaugebieten vor.

Eine genaue Schadensbilanz wird sicherlich erst in den nächsten Tagen vorliegen.

 

Etwas hektisch…

So früh wie noch nie zeigen sich die ersten Blättchen an den Rieslingreben. Kein Wunder, nach den vergangenen Monaten mit ihren Temperaturrekorden. Eigentlich ist der April für uns Winzer ein eher ruhiger Monat. Die Vegetation beginnt erst und man kann sich um Haus und Hof kümmern.

Nicht so in diesem Jahr. Noch wenige Tage und wir können mit dem Ausbrechen unerwünschter Rebtriebe beginnen. Zudem müssen die durch die Feuchtigkeit stark gewachsenen Weinbergsbegrünungen gemäht werden. Dazu liegt unser Naturdünger, der Fledermausguano noch im Weingut und will auch noch im Weinberg ausgebracht werden.

Abhängig von den Temperatursummen mussten diese Woche die Dispenser für die Verwirrmethode aufgehängt werden. In diesen Kunststoffampullen sind Sexualduftstoffe (Pheromone), die langsam ausdünsten und die Männchen des Traubenwicklers, einer Mottenart, dermaßen verwirren, dass sie die Weibchen nicht finden. So ist Schluss mit Sex lustig und es gibt keine Nachkommenschaft.

Die Raupen des Traubenwicklers können immense Schäden durch die sogenannte Sauerfäule (Grauschimmelfäule) hervorrufen und durch diese elegante ökologische Methode wird die Vermehrung behindert und es gibt keine Schäden für uns Winzer.

Dann gibt es noch das berühmte „Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt“ und andere nicht geplante Widrigkeiten des Winzerlebens.

Es ist etwas hektisch…

Es ist noch März…

Der warme Winter macht sich in der Vegetation bemerkbar. Seit einige Tagen sehen wir die Auswirkungen in den Weinbergen. Die Pfirsichbäume sind die ersten, die am Blühen sind. Einige Zeit der normalen Vegetation voraus. Problematisch für uns ist das sehr frühe Knospenschwellen bei den Rieslingreben.

Es ist noch März und die Rebknospen sind schon seit einigen Tagen angeschwollen. In wärmeren Lagen sind die Knospen schon aufgebrochen und der Austrieb beginnt. Das ist etwa 25 Tage früher als im alten langjährigen Mittel. Auswirkungen des massiven Klimawandels! Ein Wandel, der sich immer schneller vollzieht und uns vor immer größere Herausforderungen stellt. Jetzt Gott sei Dank wieder tiefe Temperaturen, die die Vegetation verzögern. Die Eisheiligen stehen vor der Tür und unabhängig davon kann es auch im April noch sehr kalt werden. Minustemperaturen sind ab sofort nicht mehr erwünscht.

Wir müssen uns etwas sputen. In einigen Weinberge sind wir noch dabei, die Fruchtruten nach unten zu biegen. Eigentlich eine schnelle, problemlose Weinbergsarbeit. Jetzt müssen wir etwas vorsichtiger mit den Fruchtruten umgehen, denn die geschwollenen Knospen können sehr leicht beschädigt werden. Ohne Knospe keinen Rebtrieb und ohne diesen keine Trauben.

Weinernte 2023: Ernte in Zeiten des Klimawandels

Der Weinbau verwandelt sich durch den Klimawandel immer schneller. Am Anfang meines langjährigen Berufslebens war ich froh, wenn der Riesling spät im Oktober reif wurde. Man zögerte die Weinernte lange hinaus, um die nötige Traubenreife zu bekommen. Tiefe Temperaturen, mit Frost, waren keine Seltenheit. Mit Winterbekleidung und klammen Fingern wurde dann geerntet. Des Öfteren waren unsere Erntekisten aneinander gefroren.

Mittlerweile reicht morgens ein leichtes Jäckchen gegen die Morgenkühle und Mittags sind T-Shirt und kurze Hose angesagt.  Weitere Nebenwirkungen der hohen Temperaturen haben wir dieses Jahr schmerzlich gespürt. Das erste, heiße Oktoberwochenende, setzte den Rieslingtrauben stark zu. Rasant breitete sich Essigfäule aus. Die rosa gefärbten Essigfäulebeeren waren leicht zu erkennen und schnell aussortiert. Der gleichzeitig beginnende Befall mit dem Edelfäulepilz Botrytis ist in anderen Jahren kein Problem. Dieser Pilz durchlöchert die Beerenhaut, Wasser verdunstet aus der Beere und der Rest konzentriert sich. Dazu kommen noch Stoffwechselprodukte des Botrytispilzes, die eine honigartige Aromatik haben. Ein Muss für hochwertigste Rieslingweine und ohne diesen Pilz nicht machbar.

Aber leider waren dieses Jahr die überall vorhandenen Essigbakterien durch die durchlöcherte Beerenhaut in die Beeren eingedrungen. Bei den hohen Temperaturen konnten sie sich rasend schnell vermehren. So wurde aus der Edelfäule schlicht und einfach Essigfäule, die wir mit hohen Verlusten aussortieren mussten.

In einem Weinberg, der penibel vorselektiert worden war, wurden am letzten Erntetag wunderschöne, lockerbeerige Trauben geerntet.  Dazu noch frischer, optimaler Befall mit dem Edelfäulepilz, ohne einen Hauch von Essigfäule. Voraussetzung für einen großen Wein!

Die Traubenqualitäten, die in der Weinpresse landeten, waren sehr gut. Wir waren aber nicht die einzigen, denen unsere Trauben schmeckten. In einem Weinberg hatten auch die Vögel unsere guten Beeren entdeckt und sich reichlich bedient. In diesem Weinberg müssen wir nächstes Jahr die Ernte früher terminieren, damit für den Winzer mehr übrig bleibt.

Die jungen Weine befinden sich noch größtenteils in der Gärung. Sie werden fast täglich probiert, um die Geschmacksentwicklung zu verfolgen. Und das macht so richtig Spaß. Man schmeckt beim Probieren die vollreifen Rieslingtrauben.

Eine alte Handwerkskunst: Der Winzer muss ein Maximum an Geschmack in der Traube konzentrieren und der Kellermeister soll diese verlustfrei in die Weinflasche abfüllen.