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Stimmungsmache ist in den Medien angesagt. Der Naturkork wird immer wieder niedergemacht und dem Schraubverschluss  nur positives nachgesagt. Da werden schon mal die Naturwissenschaften vergewaltigt bemüht und orakelt behauptet, dass durch den osmotischen Druck einer Trockenbeerenauslese der Kork wegschrumpeln kann. Die vermeintlichen Korkgeschmacksquoten werden heillos übertrieben. Es werden Zahlen mit über 30% Korkgeschmack aus dem blauen Himmel gegriffen. Eine Hetzjagd auf dieses Naturprodukt und Ihre Verwender wird gestartet und die Schraubverschlusswinzer werden in den Weinhimmel gelobt.

Nicht, dass ich Werbung für den Korken machen möchte, aber mich stören diese einseitigen dümmlichen und stimmungsmachenden Berichte. Auch andere stört diese Einseitigkeit.

Es ist gut, dass es auch andere Verschlüsse für Weinflaschen gibt. Ich berichtete hier über die verschiedenen Verschlüsse . Aber der Reihe nach.

Bis zur Jahrtausendwende hatte die Korkindustrie quasi eine Monopolstellung beim Wein und gab sich wenig Mühe mit Qualitätsmanagment. Durch den Druck des Marktes hat sich hier ein gewaltiger Wandel vollzogen, auch Dank der alternativen Verschlüsse, und die Qualität der Korken ist sehr stark angestiegen.

Auch sind viele Winzer, die sehr hohe Reklamationsquoten hatten, auf andere Verschlüsse umgeschwenkt. Darunter viele Kollegen, die immer nur den billigsten Müll als Verschluss genommen hatten. Wenn Tannenzapfen billiger gewesen wären, dann wären auch diese verwendet worden.

Ein erstaunliches Phänomen gibt es aber immer noch: Etliche Winzer haben trotz Schraubverschluß oder Plastikkork immer noch Korkgeschmack! In meiner Lehrzeit als falscher Korkgeschmack bekannt.

Ich möchte hier aus einer Untersuchung der Agrarberatung Mosel zitieren:

„Mit der Verwendung von alternativen Flaschenverschlüssen müsste der lästige „Korkgeschmack“ eigentlich endgültig der Vergangenheit angehören. Allerdings besteht seit langem der Verdacht, dass der „Korkgeschmack“ auch durch andere Ursachen als durch kontaminierte Korken hervorgerufen werden kann..

…Um Holz und Kartonagen dennoch gegen Mikroorganismen, vor allem gegen Zelluloseverwerter wie Pilze zu schützen, wurde alternativ 2,4,6-Tribromphenol (TBP) angewandt. Der Stoff wirkt ebenso wie das PCP als Fungizid und zusätzlich als Flammschutzmittel. Wegen der feuerhemmenden Wirkung des TBPs werden auch Kunststoffe und Anstrichfarben damit versetzt. Leider kann aus dem TBP unter bestimmten Umständen ein Molekül namens 2,4,6-Tribromanisol (2,4,6-TBA, TBA) gebildet werden. Sensorisch wird die Substanz mit Attributen wie „muffig, erdig, chemisch, nach Lösemitteln riechend“ beschrieben…

…Ende 2004 schilderte ein Hersteller von Kunststoffstopfen einen Fall, bei dem Kunststoffstopfen in einem Schiff aus den U.S.A. nach Europa transportiert wurden und bei der Ankunft eindeutig muffig rochen. Nach den durchgeführten Laboranalysen tellte sich heraus, dass die Ursache des „Korkgeschmacks“ 2,4,6-TBA war. Recherchen des Herstellers ergaben, dass kurz vor dem Auslaufen die Laderäume intensiv mit einem Dampfstrahler gereinigt wurden. Die hohe Luftfeuchtigkeit und die mangelhafte Belüftung schuf optimale Lebensbedingungen für die Mikroorganismen, die während der Schiffsreise aus dem TBP TBA bildeten. Nachgewiesen werden konnte das TBA im Holzboden und im Wandanstrich der Container.TBA ist wie TCA und andere unpolare Stoffe in Kunststoffen hervorragend löslich und wurde deshalb in den Verpackungsfolien der synthetischen Korken angereichert. Weil die synthetischen Korken ebenfalls aus Kunststoff bestehen, wanderte das TBA durch die Kunststofffolie und reicherte sich auch in den synthetischen Korken an…

..Die analytische Untersuchung der Weine ergibt aber keine Belastung durch TCA aus den Korken, sondern eine intensive Kontamination mit TBA. In weiteren Untersuchungen kann TBA auch in anderen Materialien dieses Kellers nachgewiesen werden, unter anderem in Filterschichten und Kunststofffolien…

…Möglichkeiten der Kontamination. Durch eigene Untersuchungen des DLR Mosel in den letzten Jahre konnten TBA nachgewiesen werden in :
– Kunststoffstopfen
– Filterschichten
– Holzpaletten
– Kartonagen
– Kunststoffumverpackungen
– In den Kunststoffdichtungen von
Kronkorken (Sektgrundweine)
– In den Kunststoffdichtungen von
Schraubverschlüssen.“

Zum weiterlesen oder vertiefen: DLR Mosel

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Das Thema Ausläufer kann auch nicht gänzlich vernachlässigt werden. Folgend noch weitere Zitate:

„…Die Flaschen werden nach dem Verschlussvorgang nicht sorgfältig genug behandelt, hier ist insbesondere das leider viel zu oft beobachtete „Werfen“ der Flaschen in die Gitterbox zu nennen. Dadurch kann die Dichtung beschädigt werden…

…Auch bei Schraubverschlüssen bietet die stehende Lagerung Vorteile. Neben der Reduzierung von Ausläufern…

Weil das Flaschenglas bei Schraubverschlüssen im Mündungsbereich dünner ist als bei Flaschen für innenabdichtende Verschlüsse, gibt es hier mitunter Probleme. Ein großer Teil der Reklamationen wegen Ausläufern geht auf Risse im Mündungsbereich der Flasche zurück. Um ein perfektes Abdichtverhalten zu ermöglichen, muss das Schraubgewinde frei von Rissen sein.“

Quelle: Der Deutsche Weinbau

Daraus ergeben sich weitere Probleme:

Im Idealfall sollten die Flaschen stehend gelagert werden damit die Schraubverschlüsse nicht gegeneinander schlagen und der Verschluss damit undicht wird.  Das bedeutet für das Weingut, dass  ein ca. 30% höherer Lagerraumbedarf gegenüber liegenden Flaschen besteht. Dieser kostet natürlich einiges an Geld.

Die Anfälligkeit der Flaschenmündung für mechanische Beschädigungen ist um einiges höher wie bei innenabdichtenden Verschlüssen (Naturkork, Plastikkork). Mehrweg ist dadurch ausgeschlossen und die Ökobilanz freut sich nicht.

Apropos Ökobilanz, folgend noch zwei links zu diesem Thema: Nabu und save miquel

Über Migration von Plastikbestandteilen der Dichtungsmasse in den Wein oder andere unangenehme Sachen könnte ich auch noch schreiben, aber ich belasse es beim bisher geschriebenen.

Nein, ich habe nichts gegen alternative Weinflaschenverschlüsse. Es ist sogar sehr gut, dass es sie gibt. Ich wollte nur Beispielhaft aufzeigen, dass diese Verschlussdiskussion viel komplexer ist, wie sie in den Medien dargestellt wird oder ich sie hier darstellen kann.

Da jedes Ding zwei Seiten hat, haben wir uns beide Seiten angesehen und den unter unseren Gegebenheiten optimalen Verschluss gewählt.  Für unser Weingut heißt das Naturkork. Unsere Kunden und wir können damit sehr gut leben und bei den von uns verwendeten Korken ist die Quote an Korkschmäckern sehr, sehr gering.

Ich habe etwas dagegen, wenn Weintrinker aufgrund einseitiger und falscher Berichterstattung total verunsichert werden. Es ist fast Alltag bei uns im Weingut, dass Kunden, bevor sie dem Winzer die Hand zur Begrüßung geben, schon nach den verwendeten Verschlüssen fragen um daraus Rückschlüsse zu ziehen.