Ein trockenes Frühjahr und extremer, trockener Sommer prägten das Jahr 2022. Nur im Juni gab es durchschnittliche Niederschläge.
Die Rieslingreben zeigten im Juli die ersten, stärkeren Trockenstresssymptome. In den ersten Weinbergen wurde ganze Fruchtruten mit Trauben abgeschnitten, damit durch dieses Entlasten die Reben nicht kollabierten und/oder langfristige Schädigungen unterblieben. Diese Arbeit wurde im August in weiteren Weinbergen durchgeführt. Es betraf einige junge Rebflächen.  Die Reben wurzeln noch nicht so tief im Untergrund und eine Fläche, in der Fels hoch ansteht.
Die ersten Reifemessungen der Agrarberatung waren zuversichtlich. Endlich fiel Mitte September der sehnlichst erwartete Regen. Reichlich! Die durstigen Rieslingreben saugten sich mit Wasser voll und an eine weitere Geschmackskonzentration war nicht zu denken. Trauben, die „gut“ mit Wasser versorgt waren und kompakte Trauben gebildet hatten, bereiteten leichte Probleme. In den kompakten Trauben platzen die mit Wasser gesättigten Beeren. Beginnende Fäulnis war die Folge.
Sehr früh starteten wir mit der Weinlese. In der ersten Woche wurde selektiv geerntet. Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen auf den Boden. Es waren wenige Trauben, die verworfen werden mussten.
Es machte viel Spaß, die reichlich am Rebstock hängenden, gesunden Trauben zu ernten. Bei ruhigem und schönem Oktoberwetter nahm die Reife der Trauben nur sehr langsam wieder Fahrt auf. Nach zwei Erntewochen wieder reichlich Regen. Es war etwas zu viel. Leider wurde das Stielgerüst der Trauben bröselig. Viele Trauben und Beeren fielen auf den Boden. Ganze Trauben haben wir natürlich aufgehoben, aber einzelne Beeren?
So wichtig wie in diesem Jahr habe ich das Probieren der Trauben noch nie empfunden. Bei der selektiven Ernte war das Traubenessen ein extrem wichtiges analytisches Instrument. Offensichtlich unter Trockenstress leidende Reben oder Rieslingtrauben, die gräulich bis hin zu opalisierend violett/blau aussahen, wurden probiert.
Die Rieslingtrauben, die minderwertig schmeckten, blieben hängen. Es waren Trauben, die einen pelzigen Geschmack mit wenig Zuckergehalt und noch weniger Geschmack hatten. Die Pelzigkeit wurde durch die Trockenheit mit starker UV Bestrahlung durch die Sonne verursacht. Dadurch wurden sehr viele Bitterstoffe (Phenole) in die Traube eingelagert. Diese Phenole wirken konservierend auf die Trauben. Da geht noch nicht mal der Botrytispilz dran, mit dem ich in einer Hassliebe verbunden bin.  Obige Traube, heute Morgen im Nebel fotografiert, ist noch gesund.  Beim Probieren extrem pelzig und bitter. Dazu wenig Süße und gar kein Aroma. Gut, dass wir diese Trauben nicht zu Wein verarbeitet haben.
Der Weinkeller ist gut gefüllt. Wir sind zufrieden. Wie die Weine schmecken, kann ich noch nicht abschließend beurteilen. Die meisten sind noch in der Gärung.