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„…Es geht um vielerlei … In letzter Zeit hat der Weinfreak seine freie Zeit mit dem Trinken (oder verharmlosend: Verkosten) von überwiegend deutschen Rieslingen und Spätburgunder zugebracht. Und sehr oft war auf dem Etikett ein “Stein” im Namen zu finden. Schieferstein, Rotschiefer, Weißer Stein, Porphyr, Steinzeiler, Urgestein, vom Stein …

Und in der Tat: Man schnuppert am Wein, er riecht nach nassem Stein. Man trinkt den Wein, er schmeckt nach Salz. Der Weinprofi spricht von Mineralität, der Chemiker winkt müde lächelnd ab und verweist darauf, dass diese sich im Wein nicht nachweisen lasse. Geschenkt.

Der alte Winzer, kauzig, mit von Sonne und Wind ledrig gewordener Haut, faselt von Terroir, verweist auf die Bodenbeschaffenheit und darauf, dass nur ein Wein vom Ufer der Loire so schmecken kann, weil die Rebe nur dort den idealen Boden vorfindet.

All das schwirrt im Kopf des Weinfreak herum und sucht nach Erklärung….“

So der Aufruf vom weinfreak zur Juliweinrallye. Ein interessantes Thema und sehr vielschichtig. Im Moment ein Modethema. Da werden die Weine nach dem Schiefer benannt: Rotschiefer, Blauschiefer, Devonschiefer usw. Da wird z.B. mit der Bezeichnung Rotschiefer geworben und in den Weinbergen ist weit und breit kein roter Schiefer zu finden oder der Devonschieferriesling ist im Sumpfland der Moselauen auf Sand und Lehm gewachsen.

Wenn ich Dirk Würtz zitieren darf, der seinen Artikel zum Weinrallyethema vor mir veröffentlicht hat:

„Hin und wieder beschleicht mich der Eindruck, dass es nur noch Weine mit ausgeprägter Mineralität gibt, selbst wenn die Trauben auf Böden gewachsen sind, die so mineralisch sind wie der Sandkasten meiner Tochter. Überhaupt habe ich langsam das Gefühl, dass einige “Verkoster” überhaupt nicht wissen, was Mineralität ist und wie sie schmeckt. Manche verwechseln das übrigens nur allzugern mit hefigen Noten im Wein. Zugesetzte Kohlensäure hilft da manchmal auch…

Mindestens genauso nervig finde ich diese expressive Herausstellung und Betonung der Mineralität. Ganz besonders auf dem Etikett. Da heißen dann die Weine “Basalt”, “Schiefer”, “Granit” oder “Porphyr”. Ich weiss gar nicht, wer sich so was ausdenkt, ich persönlich finde das wenig animierend. Ich will ja schließlich Wein trinken und nicht an Steinen lutschen. Natürlich ist das eine Hilfestellung…damit jeder gleich weiß: “Achtung, der Wein ist mineralisch”…

…Ich persönlich kann übrigens nicht unterscheiden zwischen Granit und Balsalt. Jedenfalls nicht mal ansatzweise im Geschmack. Selbst nach mehrmaligem Lecken am Stein nicht. Außer einer gewissen Form der Salzigkeit kann ich selten etwas feststellen. Kurzum, ich halte das alles für Kokolores. Nicht immer, aber immer öfter. Ein netter Markentinggag, schwer überprüfbar, deswegen klappt er ja auch so gut.“

Kokolores? Eigentlich nicht, denn der Boden, das Gestein, ist mit prägend für den Wein. Er teilt sich dem Wein mit. Nicht so ausgeprägt wie es manche gerne hätten, sondern als ein mehr oder weniger wichtiger Bestandteil der Terroirs, was ich als Summe der weinbaulichen und kellerwirtschaftlichen Faktoren betrachte. Also z. B. die Rebsorte, das Alter der Reben, Klima, Sonneneinstrahlung, die Hangneigung usw. Ganz wichtig und stark den späteren Weingeschmack beeinflussend ist der Winzer, der mittels Kulturmaßnahmen versuchen muss, ein Maximum an Qualität/Geschmack in die Traube zu bekommen und schließlich der Kellermeister, der dieses Maximum verlustfrei in die Weinflasche abfüllen soll.

Betrachten wir doch einmal die in der Reiler Goldlay vorhandenen Steine, die ausnahmslos als Schiefer, genauer gesagt als Devonschiefer, vorliegen:

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Mal bläulich,

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stellenweise rötlich,

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häufig als harte Moselgrauwacke, teilweise mit Quarzeinschlüssen

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oder als spaltbarer Stein, der an der Mosel Lay, am Mittelrhein Ley, heißt. Übrigens, die Dächer sind bei uns mit Layen gedeckt, also Schiefer und die Reiler Goldlay kann man getrost übersetzen mit Gold= Sonne und warm und Lay=Schiefergestein.

So, wenn es gleich draussen etwas abgekühlt ist, werde ich mich mit einer Flasche Reiler Goldlay Riesling auf die Terasse begeben, mir die Schiefersteine betrachten, vielleicht etwas daran lecken und grübeln, welcher der obigen Schiefersteine sich dem Wein am meisten mitgeteilt hat.