2013-09-21 RöntgenSuchen Sie sich Ihre/n Frau/Mann nach dem Röntgenbild aus? Wohl eher nicht! Beim Wein soll es aber so sein. Anfragen nach Analysewerten zur Auswahl des Weines kommen des öfteren auf meinen Schreibtisch.

„Ebenso werden sie auch keine, zwar höchst wichtig und professionell erscheinenden, den Wein aber letztlich nur auf seine chemischen Parameter reduzierenden Analysedaten wie Restzucker oder Säure, finden.“

so ein Kollege in seiner Weinliste zu diesem Thema, dem wir uns anschließen.

In Wikipedia kann man dazu folgendes lesen:
„Die sensorische, subjektive Geschmackswahrnehmung unterliegt biologischen Schwankungen und hängt bei Weinen und Schaumweinen von mehreren Faktoren ab. Sie ist nicht identisch mit den jeweils messbaren Analysewerten ihrer Inhaltsstoffe. So können beispielsweise Weine mit relativ niedrigem Restzuckergehalt bei niedrigem Säuregehalt als „süß“ wahrgenommen werden und Weine mit hohem Säure- und hohem Restzuckergehalt „trocken“ schmecken. Auch Alkohol und Glyzerin können im Wein zu einer süßen Geschmackswahrnehmung führen, obwohl der Wein analytisch „trocken“ ist. Auch die Reife eines Weins beeinflusst die Geschmackswahrnehmung, da geschmacksprägende Moleküle (Säuren, Restsüße) zu Molekülkomplexen polymerisiert werden und dadurch sensorisch anders wahrgenommen werden. So schmecken beispielsweise reife edelsüße Weine (Eisweine, Beerenauslesen etc.) weniger süß als in ihrer Jugend. Umgekehrt können wiederum alte, trockene Rotweine durch hohe Extraktwerte und die Reife ihrer Tannine als „süßlich“ wahrgenommen werden.“ 

Gut, der Alkohol ist wichtig. Der Trunkenheitsfaktor steht auf dem Etikett und ist ein ganz wichtiges analytisches Merkmal.  Aber wie sollen die abgefragten Analysedaten wie Säure und Restsüße für den zu erwartenden Geschmack interpretiert werden? Das ist sogar mir als Fachmann noch nie gelungen. Ganz spannend wird es, wenn z.B. die Aussage kommt, das ab einem bestimmten Säuregehalt Sodbrennen eintritt. Wie soll das denn gehen? Egal wie sauer denn der Wein ist, die Magensäure ist bedeutend saurer wie die Weinsäuren und eine der Ursachen des Sodbrennens ist Alkohol, zuviel Alkohol, und nicht die Weinsäuren.

Weitere analytische Parameter werden nicht abgefragt. So wäre der pH Wert ebenso wichtig, das gleiche gilt für die im Wein gelösten Mineralstoffe, die höherwertigen Alkohole, die verschiedenen Säuren und und und…

Die sensorische Wahrnehmung lässt sich nicht in Analysedaten ausdrücken, bzw. aus diesen herleiten. Chemische Analysen schaffen zwar Wahrheiten, aber diese können wir nicht schmecken und wahrnehmen. Wir können diese, nachdem der Wein auch sensorisch analysiert wurde, versuchen zu interpretieren, aber glauben Sie mir, dass kommt in der Regel einem Orakel gleich. Weingeschmack ist mehr als ein paar chemische Parameter.