Letzte Woche konnte endlich mit der Filtration der 2020er Rieslinge begonnen werden. Unserem alten Filter, ich berichtete hier, wurde bei der Durchsicht in der Werkstatt noch weiterer Reparaturbedarf attestiert. Ein Totalschaden, der mich und meinen Mitbesitzer zu einer Neuinvestition zwang. Die Verrohrung gänzlich anders, einige Absperrventile mehr (13 im gesamten bei der Filtration!) ließen zuerst den Kopf rauchen, damit das Funktionsschema gelernt und bei der Filtration umgesetzt werden konnte.
Nach den ersten Partien klappte die Handhabung ganz gut. Sogar die Azubine begriff schnell, wie der Filter bedient werden musste und verkostete den vorher/nachher Effekt der Filtration.
Deutlich schmeckbar nach dem Filter die Freisetzung des Bouquets, dass durch die vorher vorhandene Trübung gehemmt war. Die Jungweine präsentieren sich dadurch viel klarer und bedeutend fruchtiger. In alten Zeiten mussten diese Trübstoffe durch langsame Sedimentation und mehrere Abstiche abgetrennt werden. Unten ein Auszug aus einem aktuellen Fachartikel einer Fachzeitschrift:
„…Aufwendig lange Lagerungen sorgten jahrhundertelang dafür, dass die Fermentationsprozesse mikrobiologisch weitgehend abgeschlossen waren und unlösliche Bestandteile sedimentieren konnten. Die Fest/Flüssig-Trennung wurde vor Einführung der Filtration lediglich durch lange Absetzzeiten erreicht. Eine Sedimentation war in den liegenden Fässern über lange Zeitspannen ohne Zentrifugen oder Filter möglich…
…Trübungen im Getränk waren oft mit negativem Geschmack behaftet, blanke Produkte meist die wohlschmeckenderen. Schon vor dem Kauf oder dem Trinken waren durch zu kurze Lagerung schlecht geklärte oder mikrobiell belastete Weine und Biere also visuell zu erkennen. Die Fortschritte in der Mikrobiologie zeigten auch zu dieser Zeit bereits, dass viele Trübungen nicht nur von der Lagerzeit abhängig waren. Hefen und vor allem Bakterien verursachten Trübung sowie Geruchs- und Geschmacksveränderungen. Das war Grund genug, um fortan Biere und Weine wie auch Öle, Essige, Säfte, Wässer und sogar Spirituosen zu filtrieren….““
Prof. Mark Strobl, Das Deutsche Weinmagazin 06,02,2021J. Neßler, 1872
In alten Zeiten dauerte dies sehr lange, wie man einer Fachpublikation von 1872 entnehmen kann. Es entstanden Weine, die mit den heutigen nicht vergleichbar sind. Durch die lange Lagerzeit in Fass ging die Frische verloren und die Weine wurden durch die Sauerstoffdiffusion beim Holzfass oxidativ und hochfarbig (gelb/goldgelb). Nicht umsonst wurde der Wein früher als goldener Rheinwein besungen. Davon würden heute die wenigsten gerne trinken. Zeiten ändern sich und die Geschmäcker…
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