Der Weinbau verwandelt sich durch den Klimawandel immer schneller. Am Anfang meines langjährigen Berufslebens war ich froh, wenn der Riesling spät im Oktober reif wurde. Man zögerte die Weinernte lange hinaus, um die nötige Traubenreife zu bekommen. Tiefe Temperaturen, mit Frost, waren keine Seltenheit. Mit Winterbekleidung und klammen Fingern wurde dann geerntet. Des Öfteren waren unsere Erntekisten aneinander gefroren.

Mittlerweile reicht morgens ein leichtes Jäckchen gegen die Morgenkühle und Mittags sind T-Shirt und kurze Hose angesagt.  Weitere Nebenwirkungen der hohen Temperaturen haben wir dieses Jahr schmerzlich gespürt. Das erste, heiße Oktoberwochenende, setzte den Rieslingtrauben stark zu. Rasant breitete sich Essigfäule aus. Die rosa gefärbten Essigfäulebeeren waren leicht zu erkennen und schnell aussortiert. Der gleichzeitig beginnende Befall mit dem Edelfäulepilz Botrytis ist in anderen Jahren kein Problem. Dieser Pilz durchlöchert die Beerenhaut, Wasser verdunstet aus der Beere und der Rest konzentriert sich. Dazu kommen noch Stoffwechselprodukte des Botrytispilzes, die eine honigartige Aromatik haben. Ein Muss für hochwertigste Rieslingweine und ohne diesen Pilz nicht machbar.

Aber leider waren dieses Jahr die überall vorhandenen Essigbakterien durch die durchlöcherte Beerenhaut in die Beeren eingedrungen. Bei den hohen Temperaturen konnten sie sich rasend schnell vermehren. So wurde aus der Edelfäule schlicht und einfach Essigfäule, die wir mit hohen Verlusten aussortieren mussten.

In einem Weinberg, der penibel vorselektiert worden war, wurden am letzten Erntetag wunderschöne, lockerbeerige Trauben geerntet.  Dazu noch frischer, optimaler Befall mit dem Edelfäulepilz, ohne einen Hauch von Essigfäule. Voraussetzung für einen großen Wein!

Die Traubenqualitäten, die in der Weinpresse landeten, waren sehr gut. Wir waren aber nicht die einzigen, denen unsere Trauben schmeckten. In einem Weinberg hatten auch die Vögel unsere guten Beeren entdeckt und sich reichlich bedient. In diesem Weinberg müssen wir nächstes Jahr die Ernte früher terminieren, damit für den Winzer mehr übrig bleibt.

Die jungen Weine befinden sich noch größtenteils in der Gärung. Sie werden fast täglich probiert, um die Geschmacksentwicklung zu verfolgen. Und das macht so richtig Spaß. Man schmeckt beim Probieren die vollreifen Rieslingtrauben.

Eine alte Handwerkskunst: Der Winzer muss ein Maximum an Geschmack in der Traube konzentrieren und der Kellermeister soll diese verlustfrei in die Weinflasche abfüllen.