Vorbeugen vor der eigenen Betriebsblindheit

Das Steffens-Keß Verkosterteam hat letzte Woche wieder zugeschlagen. Wie jedes Jahr helfen uns unsere Freunde bei der abschließenden Verkostung der Fassweine für die Abfüllplanung. Der eigenen Betriebsblindheit vorbeugen, heißt die Devise. Es wurde heiß diskutiert, ausgiebig probiert und immer wieder getestet. Die Jungweine waren inzwischen wärmer geworden, hatten etwas Luftsauerstoff gezogen und schmeckten wieder anders.

Die Trauben waren alle vollreif und hocharomatisch, die analytischen Werte im optimalen Bereich. Vom Basiswein – dieses Jahr auf einem etwas höheren qualitativem Niveau – über den Sektgrundwein bis hin zur Auslese konnten wir alle Qualitäten ernten.

Die Qualität ist sehr gut, frische Frucht, Eleganz und Saftigkeit. Ein sehr guter Jahrgang! Noch sehr jung, aber mit Potenzial, das sich mit zunehmender Reife immer mehr zeigen wird. Die Alkoholausbeute ist in diesem Jahr etwas höher, aber nicht so hoch wie erwartet. Er liegt immer noch in einem moderaten Bereich für unsere Spaßweine.

Meine Freunde waren mit meinen Weinen zufrieden und wir auch. Das kommende Weinsortiment steht nun fest und ich kann mit der Abfüllplanung beginnen. Flaschen, Korken, Verschlüsse und vieles mehr muss bestellt und organisiert werden.

Noch etwas Geduld bitte…

Füllfertig

Der neue Jahrgang liegt nun füllfertig im Weinkeller. In den letzten Tagen wurden die Weine filtriert. Die 23er Rieslinge ließen sich sehr gut und aromaschonend filtrieren.

Jetzt kann man das ganze Aromenspektrum riechen und schmecken. Die leichte Hefetrübung, die vor der Filtration noch vorhanden war, behinderte die Entfaltung des Bouquets. Jetzt präsentieren sich die Jungweine viel klarer und deutlich fruchtiger. Sie gefallen uns sehr gut. Frische Frucht, elegant und saftig. Feines Rieslingbukett mit einem breiten Aromenspektrum von reifen Birnen, Pfirsichen, Passionsfrüchten und anderen für den Moselriesling typischen tropischen Früchten. Einige glänzten zusätzlich mit einem dezenten Bouquet nach Kräuterhonig mit kräftigem Körper und Schmelz.

Die finale Beurteilung des 2023er Jahrgangs erfolgt nächsten Tage mit den Freunden vom Steffens-Keß Verkosterteam. Sie wissen ja, vorbeugen vor der eigenen Betriebsblindheit und im Team lässt sich besser probieren. Wir freuen uns auf die Verkostung und die Meinung unserer Freunde.

Warum filtriert wird, können Sie hier nachlesen. Wie die Kieselgurfiltration funktioniert, können Sie hier nachlesen.

Wir fühlen uns geschmeichelt

Obwohl wir den verschiedenen Weinwettbewerben und Verkostungen kritisch gegenüberstehen, können wir nicht darauf verzichten und nehmen an einigen teil.

Wir freuen uns immer, wenn wir bei Verkostungen sehr gut abschneiden und fühlen uns geschmeichelt. Neben kleineren Weinwettbewerben wie der Steillagenweinprämierung in Aosta, Italien und der Verkostung unseres Verbandes ECOVIN gab es auch großes Lob im Eichelmann Weinführer. Sagenhafte dreieinhalb Sterne für unsere ausschließlich trockenen Weine. Auch andere Weinführer wie der VINUM Weinführer zählen uns zu den besten deutschen Weingütern und lobten unsere 2022er Weinkollektion.

Gerhard Eichelmann vom gleichnamigen Weinführer fand dieses Jahr sehr schöne Worte für unseren Basisriesling in der Literflasche: „Harald Steffens stellt sich auf die Besonderheiten des jeweiligen Jahrgangs besser ein als die meisten seiner Kollegen. … In jedem Jahrgang ist der trockene Literriesling eine Art Visitenkarte des Hauses, auch in 2022 wird dies deutlich. Der Wein ist duftig mit attraktiven kühlen Kernobstnoten, ist im Mund rassig mit animierender Frucht. Gewiss ist dies einer der besten Literweine der Mosel.“

Weinernte 2023: Ernte in Zeiten des Klimawandels

Der Weinbau verwandelt sich durch den Klimawandel immer schneller. Am Anfang meines langjährigen Berufslebens war ich froh, wenn der Riesling spät im Oktober reif wurde. Man zögerte die Weinernte lange hinaus, um die nötige Traubenreife zu bekommen. Tiefe Temperaturen, mit Frost, waren keine Seltenheit. Mit Winterbekleidung und klammen Fingern wurde dann geerntet. Des Öfteren waren unsere Erntekisten aneinander gefroren.

Mittlerweile reicht morgens ein leichtes Jäckchen gegen die Morgenkühle und Mittags sind T-Shirt und kurze Hose angesagt.  Weitere Nebenwirkungen der hohen Temperaturen haben wir dieses Jahr schmerzlich gespürt. Das erste, heiße Oktoberwochenende, setzte den Rieslingtrauben stark zu. Rasant breitete sich Essigfäule aus. Die rosa gefärbten Essigfäulebeeren waren leicht zu erkennen und schnell aussortiert. Der gleichzeitig beginnende Befall mit dem Edelfäulepilz Botrytis ist in anderen Jahren kein Problem. Dieser Pilz durchlöchert die Beerenhaut, Wasser verdunstet aus der Beere und der Rest konzentriert sich. Dazu kommen noch Stoffwechselprodukte des Botrytispilzes, die eine honigartige Aromatik haben. Ein Muss für hochwertigste Rieslingweine und ohne diesen Pilz nicht machbar.

Aber leider waren dieses Jahr die überall vorhandenen Essigbakterien durch die durchlöcherte Beerenhaut in die Beeren eingedrungen. Bei den hohen Temperaturen konnten sie sich rasend schnell vermehren. So wurde aus der Edelfäule schlicht und einfach Essigfäule, die wir mit hohen Verlusten aussortieren mussten.

In einem Weinberg, der penibel vorselektiert worden war, wurden am letzten Erntetag wunderschöne, lockerbeerige Trauben geerntet.  Dazu noch frischer, optimaler Befall mit dem Edelfäulepilz, ohne einen Hauch von Essigfäule. Voraussetzung für einen großen Wein!

Die Traubenqualitäten, die in der Weinpresse landeten, waren sehr gut. Wir waren aber nicht die einzigen, denen unsere Trauben schmeckten. In einem Weinberg hatten auch die Vögel unsere guten Beeren entdeckt und sich reichlich bedient. In diesem Weinberg müssen wir nächstes Jahr die Ernte früher terminieren, damit für den Winzer mehr übrig bleibt.

Die jungen Weine befinden sich noch größtenteils in der Gärung. Sie werden fast täglich probiert, um die Geschmacksentwicklung zu verfolgen. Und das macht so richtig Spaß. Man schmeckt beim Probieren die vollreifen Rieslingtrauben.

Eine alte Handwerkskunst: Der Winzer muss ein Maximum an Geschmack in der Traube konzentrieren und der Kellermeister soll diese verlustfrei in die Weinflasche abfüllen.

Weinernte 2023: alles unter einen Hut bringen

Weinernte bedeutet nicht nur Trauben abschneiden, im Weinberg selektieren und abends stundenlang im Kelterhaus und Keller Trauben und Most verarbeiten. Es bedeutet einiges mehr! Im Hintergrund läuft immer auch eine logistische Herausforderung für unser kleines Weingut. Planen, wann die Lese ungefähr beginnt, die unverzichtbaren Erntehelfer organisieren und im Weinkeller alles vorbereiten.

Foto: Lena Everding

Wichtig ist auch die Frage, ob es unter den Helfern schon „Mehrfachtäter“ gibt, die neue Erntehelfer anleiten können und im Team die Arbeitsabläufe unterstützen und beschleunigen. Im Idealfall ein Dreamteam, wie bei den meisten vergangenen Weinernten.

Foto: Lena Everding

Da die Weinernte auch sehr körperlich belastend ist, werden die körperlich anstrengenden Arbeiten auf mehrere Köpfe verteilt. Auch das hat dieses Jahr sehr gut geklappt. Ex-Azubi Ken kümmerte sich um den Transport der Erntekisten aus dem Weinberg auf den Anhänger.

Foto: Lena Everding

Junior Felix war für das Abladen der Kisten auf die Weinpresse zuständig, ich für die abendliche Trauben- und Mostverarbeitung.Eine ganz wichtige Rolle und auch eine der größten Herausforderungen spielt das leibliche Wohl und die Unterkunft. Alles muss organisiert werden. Betten haben wir genug in unserem Haus und diejenigen, die bei uns Quartier bezogen haben, helfen tatkräftig mit. Es ist sozusagen wie in einer großen Wohngemeinschaft. In der Regel sind 7 bis ca. 15 Personen zu versorgen. Das ist noch kein Problem. Aber wir hatten auch schon Erntetage mit 30 Leuten. Dann wird es spannend. Haben wir genug Porzellan? Besteck? Erntescheren? Wie kommen die ganzen Leute in den Weinberg? Chefin Marita hat diese Herausforderungen bisher bestens gemeistert.

Foto: Archiv

Unsere niederländischen Helfer bringen auch immer etwas zum Naschen mit. Sei es der selbst gebackene Kuchen oder schon traditionell seit Jahren die Großpackung Kruidnoten, die binnen kürzester Zeit aufgegessen sind.

Auf die Essenswünsche unserer Gäste gehen wir gerne ein. Vegan, vegetarisch oder ein ordentliches Steak vom Grill: alles kein Problem. Auch mitkochen ist erlaubt. Unsere am weitesten angereiste Erntehelferin, Greysi Quiroz aus Pozuzo, Peru, hat uns bei der Weinlese mit einem typisch peruanischen Gericht bekocht: frittierte Kochbananenknödel, marinierte Zwiebeln mit frittiertem Rauchfleisch. Schmeckte sehr gut, sättigte ungemein und unser Riesling passte perfekt dazu.

Bisher hat es immer geklappt, alles unter einen Hut zu bringen.

Danke an Lena Everding für die Fotos.