Den Berg runter helfen alle Heilige, den Berg rauf kein Teufel

Durch die maximal gefüllten Bodenwasservorräte sind unsere Weinbergsbegrünungen extrem üppig gewachsen. Stellenweise hüfthoch. Das Mulchgerät hatte Schwierigkeiten, den dichten Bewuchs zu mähen.

Morgendlicher Tau und leichte Regenfälle in den letzten Tagen sorgten für ein angespanntes Fahren im Steilhang. Des Öfteren rutschte ich, verschärft durch die nasse Begrünung, auf den feuchten Böden mit dem Raupenschlepper ab. Allerdings war das relativ ungefährlich, da der Schwerpunkt sehr tief liegt und die Kippgefahr gering ist.

Trotz meiner Fahrkünste und jahrzehntelanger Erfahrung gab es dann aber doch noch ein größeres Problem. In einer Rebzeile rutschte ich zur Seite und landete im Drahtrahmen. Bergauf ging nichts mehr. Bergab auch nicht, der Unterstockmulcher hatte sich hinter einem Rebstock verhakt.

Den Berg runter helfen alle Heilige, den Berg rauf kein Teufel. Daher musste ich einen Kollegen anrufen, der nach kurzer Zeit erschien und mich mit der Seilwinde aus meiner misslichen Lage befreite.

Bilderbuchstart

Die Rebknospen sind dick und der Austrieb steht kurz bevor. Zuerst dachten wir, dass der Austrieb der Rieslingreben früher erfolgen würde. Kalte Tage bremsten den Austrieb etwas.

Reichliche Niederschläge haben in den vergangenen Tagen und Wochen die Bodenwasservorräte aufgefüllt. Es gibt fast keine Verluste durch Austriebsschädlinge, die die Knospen ausfressen. Es ist auch kein Frost in Sicht, der die jungen Rebtriebe schädigen könnte.

Ein Bilderbuchstart in die neue Vegetationsperiode. Die spannendste Zeit des Winzerjahres fängt an: Mit der Natur arbeiten, täglich von dieser abhängig zu sein, allen Wetterkapriolen strotzend und in einigen Monaten, wenn alles klappt, wie ich es mir vorstelle, gesunde, vollreife Rieslingtrauben ernten.

Aqua Vitis

Die Rebe weint Tränen, auch Aqua Vitis oder Lachryma Vitis von den alten Gelehrten genannt. Die Rebwurzeln drücken Wasser und Nährstoffe in die Leitbahnen, welches an der Schnittstelle austropft bis die Leitbahnen verstopft sind. Für uns der Beginn der neuen Vegetationsperiode und eines Neuen Lebenszyklusses. Der Frühling ist da!

In früheren Zeiten sogar als Heilmittel verwendet:

  • Gegen Warzen aber für die Schwangere,
  • Für Kopf, Magen, Darm, Niere und Blase
  • Ein Antialkoholicum?
  • Gegen Brechreiz
  • Gegen Sommersprossen und nicht bewältigte Schrecken
  • Gegen Zahnschmerz
  • Für Haut, Augen und Ohren aber gegen die Haare

Wobei letzteres mich auf eine Idee bringt: Ab sofort nehme ich Bestellungen entgegen. Nur kurz lieferbar für den sofortigen Verbrauch. Lachryma Vitis gegen alles und jedes, für die zarte Haut, besseres sehen und hören und gegen Damenbärte und Nasenhaare.

Flaschengeklapper

Während draußen schon der Frühling naht, ist es im Weinkeller immer noch sehr kalt.  Ideale Abfülltemperaturen. Aromaschonung ist das Stichwort. Jede Maßnahme am Wein, sei es einfaches umpumpen, filtrieren oder abfüllen, führt zwangsläufig zu Aroma- und Gärungskohlensäureverlusten.  Um diese Verluste zu minimieren, kommt neben dem handwerklichen Geschick auch die winterliche Kälte hinzu.

Daher hieß es beim Abfüllen sich warm anziehen für die bessere Weinqualität und für spritzige Moselrieslinge.  Als Bekleidungsstück ist die Zipfelmütze zum Wärmen obligatorisch. Über die Jahre hinweg in verschiedenen modischen Ausführungen im Weinkeller beim Abfüllen zu sehen.

Die 2022er Weine sind alle abgefüllt und das Flaschengeklapper der vergangenen Tage im Weinkeller hat aufgehört. Die neuen Weine stehen ab sofort in unserem Onlineshop zum Kauf bereit.

Apropos, neuer Jahrgang: Die Weine zeigen sich von der besten Seite. Delikate Rieslingduft mit feingliedriger Aromatik. Alles schmeckt extrem klar und balanciert mit einer angenehmen Säure, die sehr gut eingebunden ist.

„Die Abfüllmaschine bereitete keine Probleme, die Helfer bestens eingespielt.“ schrieb ich einmal vor einigen Jahren. Die Helfer funktionierten. Die Abfüllmaschine hatte am letzten Abfülltag Zicken. Der Korkverschließer bekam keine oder nicht ausreichend Korken zugeliefert. Per Hand mussten die Korken teilweise vom Korkvorratsbehälter dem Verschließer zugeführt werden. Die Füllung wurde letztendlich unterbrochen, um nachzusehen, was los ist.

Eine mit Spezialnocken versehene Welle, die die Korken aus dem Vorratsbehälter vereinzelt und dem Verkorker zuführt, machte Probleme. Sie war außer Betrieb. Drei von vier Antriebsriemen waren gerissen und die Sperrklinken der Welle verschlissen. Provisorisch wurde die Sperrklinke mittels eines dünnen Drahtes so halbwegs zum Funktionieren gebracht. Die kaputten Antriebsriemen bereiteten mir mehr Sorgen. Nach kurzem Nachdenken die Idee😀. Ich gab Anweisung, den Verbandskasten zu holen. Unverständnis bei meinen Helfern.

Aus Mullbinden bastelte ich „Antriebsriemen“. Zwar nicht perfekt in der Kraftübertragung, aber die Abfüllung konnte fortgesetzt werden.

Charity Cheese Tasting

Unter dem Motto „Charity Cheese Tasting“ hatte der Förderverein Roundtable  und Ladies Circle Lübeck e.V. zu einer Online Käseverkostung geladen. Pünktlich kam der Käse an, der Wein war gekühlt und die Technik bereit. Mit Weingläsern und Besteck bewaffnet, saßen wir mit unseren Nachbarn vor dem Bildschirm und harrten der Dinge, die da kommen sollten.

Gestartet wurde mit Weichkäse aus Rohmilch, dann Rotschmierkäse (Munster), Rauchkäse, Ziegenfrischkäse, Schafshartkäse usw. aus ganz Europa. Dazu gab es Weine aus unseren Beständen. Natürlich Riesling von uns und aus Rheinhessen, Auxerrois aus Baden und noch etwas Rotes aus Chianti, Italien, um einige zu nennen. Die Käsequalitäten konnten durchgehend überzeugen. Die verkosteten Käse nebst handschriftlichen Notizen meiner Mitesser gibt es hier: Käseliste

Der letzte Käse in der Runde hatte es in sich. Im Vorfeld rätselten wir, was das sein könnte. So richtig als Käse konnten wir dieses braune Etwas nicht identifizieren. Das Wort Seife fiel…😃

Es war Gudbrandsdalen aus Norwegen. Bei der Herstellung von diesem Braunkäse wird die Molke lange eingekocht. Der enthaltene Milchzucker karamellisiert und gibt der Masse den typischen süßlichen Geschmack und die braune Farbe. Für unsere Geschmäcker etwas gewöhnungsbedürftig, aber nach mehrfachem probieren konnten wir uns an diesen speziellen Geschmack gewöhnen.

Durch die Degustation führten zwei Moderatoren, die gekonnt die elf verschiedenen Käsesorten kommentierten und Weinempfehlungen zum Käse gaben. Sie vermittelten viel Hintergrundwissen zur Käseherstellung. Beachtlich!! Es war die bisher längste Onlineveranstaltung, an der wir teilgenommen hatten. Über drei Stunden, unterbrochen durch eine kurze Pause, saßen wir vor dem Bildschirm. Es wurde nicht langweilig den Moderatoren zuzuhören. Sehr gut gemacht und ein dickes Lob an die Veranstalter.

Die bereit gestellten Wein passten perfekt. Nennt man Food Pairing und geht nicht mit Bier!

Wie es für einen sogenannten Service-Club üblich ist, wurde für wohltätige Zwecke gesammelt. Um eine Spende für Familienhospizdienste in Schleswig-Holstein wurde gebeten und von uns nachgekommen.